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Zeitdruck, ständige Erreichbarkeit, hoher Workload – die moderne Arbeitswelt stellt die Gesundheit der Beschäf-
tigten auf eine harte Probe. Für das Wohlbefinden der Mitarbeiter im Job spielt auch die Menge und Qualität von
Schlaf eine Rolle. Dies belegt Vicki Culpin von der Business School Ashridge Executive Education anhand aktueller
Forschungsergebnisse.
Wir schlafen zu wenig: im Schnitt sechs-
einhalb Stunden. Das hat Schlaffor-
scherin Prof. Vicki Culpin in einer groß
angelegten Studie mit mehr als 1.000
Berufstätigen herausgefunden. Laut
American Sleep Association benötigen
gesunde Erwachsene im Alter von 20
bis 60 Jahren jedoch im Schnitt zwi-
schen sieben und neun Stunden Schlaf
pro Nacht, um gesund zu bleiben. Die
Psychologin Culpin hat neben häufigen
Kopfschmerzen oder Erkältungsanfäl-
ligkeit noch weitere Effekte von Schlaf-
mangel ausgemacht – und zwar am
Arbeitsplatz: etwa Schwierigkeiten mit
Kollegen zu interagieren, sich in Mee-
tings zu konzentrieren oder einge-
schränkte soziale Fähigkeiten.
Entscheidungen
werden risikofreudiger
„Bei manchen Menschen verlangsamt
sich die Fähigkeit, Entscheidungen zu
treffen“, erklärt Culpin. Weil sie nicht al-
le Informationen rational aufnähmen,
fällten sie riskantere Entscheidungen.
Dies ließe sich sowohl bei Personen be-
obachten, die von Natur aus sehr risiko-
freudig seien, als auch bei solchen, die
sonst eher Risiko scheuten. Erschwe-
rend komme hinzu, dass die Unaus-
geschlafenen einer solchen riskanten
Entscheidung, egal ob richtig oder
falsch, mehr vertrauten.
Insgesamt berichteten Mitarbeiter der
unteren Hierarchieebenen von stärke-
ren Beeinträchtigungen als die in höhe-
ren Führungspositionen. „Schlafmangel
betrifft nicht nur die Beschäftigen, die
den höchsten Verantwortungsdruck und
entsprechenden Stress haben. Das ist
ein unternehmensweites Problem –
vom Mitarbeiter bis zum CEO.“„Es könn-
te sein, dass die Mitarbeiter der niedri-
geren Hierarchien eher bereit sind, of-
fen über die Auswirkungen von schlech-
tem Schlaf zu sprechen, weil das für sie
kein Karrierekiller ist“, so Culpin. Viel-
leicht seien die Menschen in höheren
Hierarchieebenen gewitzter darin, die
Auswirkungen zu verschleiern oder sie
schämten sich einfach dafür, folgert sie
weiter aus ihren Ergebnissen.
Manager prahlen
mit Schlafentzug
Bis heute preisen viele Manager – wie
beispielsweise Marissa Mayer von
Yahoo, Tesla-CEO Elon Musk oder US-
Präsidentschaftskandidat Donald Trump
– ihre Fähigkeit, mit wenig Schlaf aus-
zukommen. Gleichzeitig werben erste
Top-Führungskräfte wie Arianna Huf-
fington mit Schlaf als Erfolgsrezept. Vor
diesem Hintergrund interessieren sich
Personalverantwortliche heute zuneh-
mend für Schlaf als Thema ihrer Cor-
porate-Health-Agenda. (em/tl)
Wie Schlaf die Arbeitswelt
beeinflusst